Samstag, 16. Januar 2010

Heinz Oliberius - ein Künstler wird wieder entdeckt

von Armin König

Ein Künstler ist neu zu entdecken: Heinz Oliberius.
Er war einer der besten und produktivsten saarländischen Bildhauer. 1968 nahm er seinen Wohnsitz im Saarland, 1968 wurde er Mitglied im Saarländischen Künstlerbund, und seit dieser Zeit war er ständig präsent – mit Ausstellungen und Ausstellungsbeteiligungen, mit der Aufstellung von Skulpturen im öffentlichen Raum, mit der Gestaltung sakraler Räume. Er war ein Unermüdlicher, ein Künstler, der nicht nur Bewegung gestaltete, sondern selbst in Bewegung war, kraftvoll, vital, ausdrucksstark. Im Künstlerlexikon Saar sind von 1968 bis zum Tod von Heinz Oliberius im Jahr 2001 – also in 33 Jahren – insgesamt rund 50 Ausstellungen und Ausstellungsbeteiligungen verzeichnet.
Seine Skulpturen sind Teil der Alltagskultur im Land, seine Altäre, Tabernakel und Altarraumgestaltungen machen aus Kirchen Kunstwerke. Täglich begegnen hunderte Menschen seinen Brunnen, Stelen, Plastiken und gehen achtlos vorbei, den Künstler kennen sie nicht: Heinz Oliberius zählt zu den markantesten, aber nicht zu den bekanntesten Künstlern des Saarlandes. Selbst in seinem einstigen Wahl-Heimatkreis St. Wendel kennen den 2001 gestorbenen Bildhauer und Maler nur Insider. Dabei  war der stille Bildhauer einer der bedeutendsten Künstler des Saarlandes.
Oliberius hat weit über das Saarland hinaus gewirkt. Neue Sezession Darmstadt, Pfalzgalerie Kaiserslautern, Ludwigshafen, Trier, Köln, Düsseldorf, Schweich, Frankfurt, Duisburg, Luxemburg, Barcelona, Forbach, Metz – das sind nur einige der Stationen. Es gab kaum ein Jahr, in dem er nicht an Künstlerbund-Austellungen teilnahm.
Zuletzt waren es die Visionen 2000 – künstlerische Positionen am Beginn des 21. Jahrhunderts.
Nachdem es einige Jahre still um ihn geworden war, hat Margit Oliberius nun dafür gesorgt, dass der Bildhauer eine Art posthumer Renaissance erlebt.
Wir haben uns 2008 zum ersten Mal getroffen.
Margit Oliberius führte mich an den äußersten Rand des Saarlandes, nach Saal, wo sie mir Werke zeigte, die mich tief beeindruckt haben.

An jenem Tag in Saal wusste ich schlagartig, dass ich das Werk eines großen Künstlers vor mir hatte. Es war wie ein Blitzschlag der Erkenntnis, und ich wollte mit meinen bescheidenen Möglichkeiten dazu beitragen, Heinz Oliberius wieder die ihm gebührende Anerkennung zu verschaffen.
Die erste Gelegenheit ergab sich im Januar, als wir in der Illipse die markante schwarze Skulptur König und Königin aufstellen durften. Der Name der Skulptur ist Programm. Anklänge an das königliche Spiel Schach sind ebenso gewollt wie Assoziationen zum Hohen Lied König Salomos aus dem Alten Testament.
Seit dem letzten Herbst  steht eine weitere Skulptur in Illingen im öffentlichen Raum, die Große Stehende - aufgestellt an der Vorburg Burg Kerpen. Neben dem Sandstein der Burg die rostrote Oberfläche einer Skulptur, die Figürliches und Abstraktes gleichermaßen vereint.  Es ist ein Werk der Kontraste. Hier der starre Winkel, dort die geschwungene Linie, hier das Bodenständig-Schwere, perfekt im schweren Material ausgebildet, dort das Spielerische einer androgynen Doppelfigur die das Männliche und das Weibliche zusammenführt.
Es ist ein Schlüsselmotiv von Heinz Oliberius. Das Motiv der Begegnung und Zuwendung von Mann und Frau hat er seit den 1970er Jahren wieder und wieder ausgeführt und variiert. Trennung und Verschmelzung, Individualität und Komplementarität sind zwei Aspekte einer handwerklich perfekten Kunstausführung. 
Er war ein perfekter Handwerker.
In Frankfurt absolvierte er eine Steinmetz- und Ornamenthauerlehre bei Bruno Rohde im Marmor- und Natursteinwerk.  Die Steinmetzlehre weckte sein Interesse am Gestalten und am kreativen bildhauerischen Arbeiten und führt zu dem Entschluss, sich an der Städelschule für die Bildhauerklasse von Hans Mettel zu bewerben, wo er 1959 aufgenommen wurde.
Die in dieser Zeit entstehenden Steh- und Sitzfiguren zeugen von einer Auseinandersetzung mit der Kunst Lehmbrucks und den Kompositionsgedanken Hans von Marées’ und Adolf von Hildebrands. Insbesondere die Tektonisierung im Figurenaufbau und die Reduktion des Figurganzen auf geometrische Grundformen sind für Oliberius von Bedeutung und bilden die Grundlage für sein weiteres Schaffen.

Nach Abschluss seines Studiums arbeitete Oliberius bis 1966 in Frankfurt, bevor er anschließend ins Saarland zog, zunächst nach Neunkirchen und später nach Saal im Kreis St. Wendel.
Seine Skulpturenwiese in Saal war einzigartig. Leider (oder für Illingen  glücklicherweise) mussten die Skulpturen geräumt werden – wegen Nachnutzung.
Nun haben wir im Fellenberg-Museum erneut Gelegenheit, das Werk von Heinz Oliberius kennen zu lernen.
Er ist ein Glücksfall für das Saarland.
Es ist an der Zeit, dass wir ihm (wieder) die gebührende Referenz erweisen.



Literatur:
Bayer, Andreas (2001): Heinz Oliberius – Themen und Motive. In: Museum St. Wendel (2001): Heinz Oliberius Retrospektive.
Förderverein Kunstzentrum Bosener Mühle (1997): Heinz Oliberius. Skulpturen, Gemälde, Aquarelle, Zeichnungen.
König, Armin (2009): Oliberius-Plastik König und Königin neu in der Illipse. Leihgabe von Margit Oliberius an Illingen - Bedeutendes Werk eines großen Saarlandes. In: Illinger Seiten v. 26. Jan. 2009.
König,  Armin (2009): Große Stehende von Heinz Oliberius an der Burg Kerpen in Illingen. Anmerkungen zur Aufstellung von Bürgermeister Armin König. URL: http://arminkoenig.de/blog/archives/325 (Stand: 19.7.2007)
Künstlerlexikon Saar: Oliberius, Heinz. URL: http://www.kuenstlerlexikonsaar.de/personen-a-z/artikel/-/oliberius-heinz/477/  (Stand: 19.7.2009)
Museum St. Wendel (2001): Heinz Oliberius Retrospektive.
Scharwath, Günter (1997): sculptura perennis. In: Förderverein Kunstzentrum Bosener Mühle (1997): Heinz Oliberius. Skupturen, Gemälde, Aquarelle, Zeichnungen.

(c) 2010 Armin König
http://www.arminkoenig.de/Publik/Heinz_Oliberius.pdf


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